Skitouren in Ostgrönland

Text / Fotos Daniel Santschi / www.danielsa.ch


„Hier spricht ihr Kapitän: Wir sollten bald landen, aber wir haben noch ein Problem. Auf der Landebahn befindet sich ein Eisbär.“ Der Witz ist gut, die Leute im Flugzeug kugeln sich vor lachen! So sprichwörtlich wurde mir noch nie ein Bär aufgebunden, denke ich.
Zum Glück landen wir dann doch 15 Minuten später und als uns die Sicherheitsleute möglichst schnell in das Flughafengebäude hinein kommandieren, wird der Eisbär dann wirklich real. Er wurde zwar inzwischen verjagt und treibt sich nun an der nahegelegenen Bergflanke rum. Sicher ärgert er sich, dass er beim Ausladen der frischen Esswaren nicht mithelfen, oder wenigstens einen saftigen Touristen schnappen kann.

Die Schotterpiste von Kulusuk ist ein internationaler Flughafen.

Endlich stehen wir auf Grönländischem Boden. Das Dorf Kulusuk mit dem kleinen Flughafen hat kein Blindlandesystem und bis vor einem Tag lag noch ein halber Meter Neuschnee auf der Piste. Wegen Schneefall und Nebel haben wir in Island mehrere Tage warten müssen auf bessere Sicht und die Schneeräumung, damit landen überhaupt möglich wurde.

Eigentlich ist Kulusuk im Osten Grönlands viel zu klein für einen internationalen Flughafen. Aber die Distanz nach Island beträgt nur 800km und ist somit viel näher an Europa gelegen als die Hauptstadt des Landes: Nuuk an der Westküste.

Wir sind für Skitouren hier und da wir die Skischuhe bereits an den Füssen haben 
- seit wir in Reykjavik das Gepäck für den Flug wiegen mussten - könnten wir eigentlich gleich die Skier anschnallen. Wegen dem Zeitverlust der letzten Tage müssen wir den Berg gleich hinter dem Flughafen leider links liegen lassen und warten auf den Helikopter. Es ist Ende April; aber am ausgefrästen Weg zum Dorf messen wir immer noch mehr als 2m Schneehöhe.
In der lärmigen Kabine des Lasthelikopters fliegen wir nach Tasiilaq, dem Hauptort des Distrikts Angmagssalik. 15 Minuten dauert der Flug, unter uns gut sichtbar der Fjord, der jetzt grösstenteils zugefroren ist. 

Robert, unser Gastgeber, erwartet uns schon auf dem Helikopterport. Das Gepäck bringt er uns mit seinem Pickup in seine Pension, bekannt als das rote Haus. Wir freuen uns auf etwas Bewegung und nehmen den kurzen Weg unter die Füsse. Robert Peroni kommt ursprünglich aus dem Südtirol und ist eine Legende im Bereich Abenteuer Expeditionen. Auf dem Himalaya, in Wüsten und auf dem grönländischen Inlandeis war er unterwegs. Seine Bücher und Fernsehberichte über diese extremen Herausforderungen beleuchten neben der körperlichen Anstrengung auch was sich bei den Teilnehmern dabei im Kopf abspielt.
Robert hat sein Herz an Grönland und seine Bewohner verloren.
Sein Haus ist für jedermann offen, den einheimischen Inuits die zu einem Schwatz kommen, aber auch für die Abenteurer aus der ganzen Welt, die von hier in die Kälte aufs Eis starten.

Die Hunde heulen vor Tatendrang. Gleich geht es los.

Wir haben gut geschlafen und kräftig gefrühstückt. Unten auf dem gefrorenen Fjord warten schon die Hundegespanne. Schon von weitem hören wir die Hunde jaulen und bellen. Wenn sie ein paar Tage faul rumgelegen sind brennen sie richtig darauf, loszustürmen. Huskies sind eigentlich fast noch wie Wölfe, wild und unberechenbar. Sie liegen faul am Boden und Sekunden später sind sie in einen Kampf verwickelt. 
Pro Schlitten können ein bis zwei Touristen mit ihrem Gepäck aufgeladen werden. Natürlich ist der Hundeführer dabei, denn für eine wilde Meute von acht bis zwölf Hunden braucht es einen Profi zur Bändigung. Ein Teil unserer Gruppe montiert die Skier und lässt sich vom Schlitten mit einem Seil ziehen. 
Damit ein Schlitten auch wirklich starten kann, müssen alle Hundeleinen entwirrt sein. Eine reine Sisyphus Arbeit. Denn die Hunde warten nicht ruhig, sondern haben immer gerade einen Zwist mit ihrem Nachbar auszutragen oder rennen unkontrolliert los. Ist eine Seite entwirrt, ist am anderen Ende bereits wieder ein Chaos. Irgendwann ist es dann trotzdem soweit, dass alle Hunde in die Richtung ziehen die der Führer einschlagen will. Es wird sofort ruhig und anstelle des Heulens von vorher hört man jetzt nur noch das Hecheln der Hunde. Spätestens jetzt wird klar wo der Ausdruck „alle ziehen am gleichen Strick“ herkommt.
Der Schlittenführer hat einen kräftigen Stock mit einer langen Peitsche an einen Ende und einer Eisenspitze am anderen. Mit der „Geisel“ dirigiert er virtuos die Hunde und mit dem anderen Ende bremst er den Schlitten, oder prüft die Eisdicke wenn es über einen gefrorenen Fläche geht. Jeder Hund wird mit Aufrufen nach Namen dirigiert und sie verstehen auch Kommandos wie Stopp, rechts oder links.

Wir haben eine sechs bis achtstündige Schlittenreise vor uns. Wir werden mehrere Pässe überqueren Richtung Westen zum Sermilik Fjord. Vom Dörfchen Tiniteqilaq aus werden wir dann Skitouren unternehmen.

Das Meditative der Schlittenfahrt vom ruhigen Dahingleiten über eine flache Ebene wird jäh unterbrochen, wenn es zu einer Talfahrt kommt. Bewertet der Musher den downhill als unbedeutend, bleibt er vorne sitzen mit dem Nachteil, dass er schlecht bremsen kann. So kann es passieren, dass der Schlitten schneller als die Hunde wird. Mit Ausweiche Notmanövern, die auch mal mit einem Umkippen des Schlittens enden, oder mit einem Schlittenhund der unter die Kufen gerät erleben wir alles.
Bei ganz steilen Passagen steht der Führer hinten auf dem Schlitten damit er mit der kräftigen Fussbremse bremsen kann. Geht es sehr steil den Berg hinauf steigen alle ab und helfen schieben. Dabei kann es aber leicht passieren, dass der ahnungslose Tourist die Geschwindigkeit nicht halten kann und plötzlich alleine zurückbleibt. Ausdauer und Leistung der Tiere ist bemerkenswert.

Heute sind Snowmobile natürlich viel einfacher im Unterhalt und auch schneller. Benzin einfüllen anstatt Hundeleinen entwirren ist im Normalfall einfacher! Auch frisst eine Maschine im Sommer keinen Fisch, aber die Hunde müssen durchgefüttert werden.
Aber im Schneesturm bei –30 Grad ist ein nicht zu startender Motor dann schnell ein Riesenproblem. Dass gleich alle 10 Hunde auf einen Schlag nicht mehr weiterlaufen wollen oder können ist nicht wahrscheinlich..
Dass es überhaupt noch Hundegespanne gibt, ist den Touristen zu verdanken, die diese Transportart überhaupt noch nutzen.

Schon im Abendlicht erreichen wir den letzten Pass und ein wunderbarer Ausblick öffnet sich. Vor uns liegt der Sermilik Fjord und ganz klein am Ufer unser Tagesziel, das Dorf Tiniteqilaq. Die Hunde kriegen eine wohlverdiente Ruhepause. Roland und Peter schnallen die Skier an und fahren bereits los. 

Touristenunterkünfte gibt es nicht in der Siedlung und zelten sagt uns auch nicht zu. Doch der Inuit Tobias hat seine Familie zu Verwandten umplatziert und vermietet uns sein Haus. Die Unterkunft ist nicht sehr gross, doch für uns sieben Leute reicht es gerade.

Eine Dusche wäre vorhanden, aber die ist im Winter eingefroren. Wasser müssen wir 50 m ausserhalb beim Wasserhäuschen holen.
Weiter hinten im Dorf befindet sich die grosse Wasser Zisterne für die ganze Gemeinde. Damit das Wasser dort im Winter nicht einfriert, braucht der Behälter eine gute Isolierschicht und das Wasser muss gewärmt und in Bewegung gehalten werden.

Am nächsten Tag starten wir zum Hausberg des Ortes. Auf dieser gemütlichen Skitour auf 417m Höhe, können wir erst so richtig die Grösse des Fjordes von oben hinab erfassen.

Mit dem Schiff zur Skitour

Wegen der Gezeiten können wir zum nächsten Ziel erst eine Stunde später als vorgesehen starten. Die Schiffe liegen während der Ebbe auf dem Trockenen. Das Schiff als Transportmittel zur Skitour ist nicht gerade alltäglich und neu für mich. 

Tobias der Jäger und Allroundmann fährt unser Boot. Das Bötchen hat keine Kabine und ist weder komfortabel noch wirklich gross. Wir sieben Teilnehmer haben gerade darin Platz. Die Skier und unsere Rucksäcke füllen den restlichen Platz vollständig.
Gestern haben all die Eisschollen so niedlich und klein ausgesehen, als wir vom Hausberg aus auf den Sermilik Fjord hinunterschauten. Jetzt mittendrin ist alles ganz anders: Brocken von Süsswassereis – abgebrochen von Gletschern – riesig wie Dampfschiffe, dünne frisch zugefrorene Eisflächen und Presseis in den verschiedensten Grössen. Dazwischen tiefschwarz und ruhig das Wasser wo sich die Eisgebilde spiegeln, dann wieder Stellen wo türkisblau Teile der Eisberge von unterhalb der Wasserlinie durchschimmern.

„Das geht doch gar nicht“, denke ich. Wir fahren direkt auf eine flache Eisscholle los, die links und rechts begrenzt ist von grösseren Blöcken. Das Boot wird hochgehoben und schiebt sich auf die Eisfläche. Der Motor beginnt zu heulen und die Schraube dreht im Leeren. Stecken wir jetzt endgültig fest? Im letzten Moment bricht das Eis mit einem kräftigen Ruck durch und wir gleiten wieder in offenes Wasser hinein.
Unser erfahrener Steuermann bleibt dabei die Ruhe selbst und entdeckt sogar noch eine Robbe die weit entfernt auf dem Eis liegt. 
Tobias, der übrigens in einem Buch über Grönland beschrieben wird, wie er vier Tage auf einer abgebrochenen Eisscholle dahingetrieben ist, weil sein Boot vom Eis zermalmt wurde und sank.

Unser Berg, der Qertartivatsiaq, kommt in Sichtweite und wir steuern auf die Bucht zu, wo wir anlegen werden. Das Ufer ist aber noch hundert Meter weit entfernt. Offenes Wasser wechselt sich ab mit Eisflächen von ein paar Zentimetern Dicke. Irgend einmal ist Schluss, das Boot kommt nicht mehr weiter. Das Eis ist inzwischen immerhin 10cm dick und nach dem Urteil des Profi sollte es uns tragen.
Wie auf rohen Eiern steige ich aus dem Boot, hält das Eis wirklich. Doch alles geht gut und mit den Skier an den Füssen ist es mir um einiges wohler, wird doch so das Gewicht besser verteilt.

Tobias gibt uns noch den Rat möglichst schnell Richtung Küste zu gehen, weil gestern ein Eisbär hier war, dessen Spur der Wasserkante entlang führt. Doch der Gedanke, dass der Bär noch auf Beute lauern könnte ist abschreckend genug.

Eisbären sind immer dort wo sie auch Futter finden, also meistens in Küstennähe wo es auch Robben gibt. Ein hungriger Eisbär greift ohne Warnung Menschen an, flüchten ist sinnlos, da er bis 50kmh schnell ist. Ein Gewehr zur Notwehr beruhigt etwas. 

Wir sind weit und breit die einzigen Menschen die hier unterwegs sind. Einen Berg für sich ganz alleine zu haben ist in den Alpen selten geworden.


Wie stark wird der Schneesturm noch ?

Wir warten und es schneit. Wir wollen mit den Hunden und den Schlitten die Rückreise nach Tasiilaq antreten. Letzte Nacht hat es kräftig Neuschnee gegeben, es ist aber relativ warm und damit steigt die Gefahr, dass die Schlittenkufen zu stark einsinken. Der Weg ist weit und führt über mehrere Pässe. 

Zum Glück kommt Tobias mit dem Snowmobil von Tasiilaq her und bestätigt, dass die Verhältnisse gut genug sind, um den Rückweg zu wagen.

Mit vollem Gepäck fahren wir mit den Skier den Hügel von unserem Haus hinunter in die Ebene wo die Schlittenhunde warten. 
Thomas, der am meisten bepackt ist - hat er doch zusätzlich das Küchenmaterial und Esswaren das er alles im Rettungsschlitten mitzieht - wird von einem herrenlosen Hundeschlitten der von hinten kommt eingeholt. Da die Hunde beidseitig überholen wollen kommt es zum Chaos. Wie ein Insekt, das im Netz von der Spinne eingewickelt wird, steht Thomas da und wird vom ankommenden Besitzer des Gespanns aus seiner misslichen Lage befreit.

Über den noch zugefrorenen See starten wir, die Kufen der Schlitten sinken auf dem weichen Eis beängstigend ein. Gleich erreichen wir den Beginn der grössten und längsten Steigung von Meereshöhe auf 800m. Im knietiefen Schnee muss jeder mithelfen und schieben. Die Hunde lassen die Zungen raushängen und hecheln, aber dabei geben sie alles, sie sind wirklich zäh. Der Nebel kommt und es schneit. Zeitweise können wir nur schemenhaft die nächsten Schlitten sehen. Die Einheimischen kennen den Weg bestens und wir sind gut ausgerüstet, so dass wir auch ein Biwak verkraften könnten. Als sich dann zaghaft die Sonne durch den Nebel zeigt, geniessen wir einfach die unwirkliche märchenhafte Stimmung. Irgendeinmal wird auch das schlechteste Wetter wieder gut und so erreichen wir mit den letzten Sonnenstrahlen unser Tagesziel Tasiilaq.


Die Skigipfel mit der Aussicht auf das Eismeer

Direkt hinter dem Dorf beginnt der Aufstieg. Um Felsbrocken und einige abgeblasene Stellen herum suchen wir sorgfältig unseren Weg, um die Skier nicht zu verkratzen. Der Berg ist in ein milchiges Licht getaucht, die Sonne scheint gespenstig durch den Nebel. Es ist nicht so klar wie sich das Wetter entwickeln wird. Auf jeden Fall haben wir den Rettungsschlitten dabei. 
Über einen langen flachen Grat erreichen wir den Gipfel des Somandsfieldet Berg 718m. Als Belohnung verschwinden alle Wolken und die Aussicht präsentiert sich in einem klaren phänomenalen Licht. Im Norden wird der ganze Fjord von Angmagssalik sichtbar. Im Süden und Osten endlos weit das Eismeer und die benachbarten Inseln. Riesige zusammenhängende Eisflächen, stark zerrissene Packeisstücke, grosse und kleine Eisberge und freie Wasserflächen wechseln sich ab. Ganz weit hinten können wir den Flughafen Kulusuk erahnen, nämlich dort, wo das einzige flache Stück Land auf all den Inseln mit ihren Bergen liegt. 

Ein besonderer Leckerbissen wartet auf uns, die Westflanke des Berges ist recht steil und hat auch noch viel Schnee. Thomas macht als erster die Testfahrt und an seinen Spuren sehen wir, dass wir uns auf die Abfahrt freuen dürfen. Von unten gibt er uns das Zeichen, dass wir abfahren können. Einer nach dem anderen legt seine Spuren unter den kritischen Augen der anderen, die die Qualität der Kurven genau kommentieren.
Für den Aufstieg hat Roland den Rettungsschlitten nachgezogen, bei der Abfahrt habe ich ihn auf dem Rücken geschnallt. So fahre ich mit einem orangen Rückenpanzer wie ein überdimensionierter Marienkäfer den Berg hinunter.


Durch ein stilles flaches Tal starten wir zu unserem nächsten Ziel, dem Ymers Bjerg 809m. In Gedanken versunken wandern wir dahin. Gestört werden wir nur von zwei Snowmobiles, die genau diese Gegend als ihre Testrennstrecke ausgewählt haben.

Hinter einem Felsbrocken zeigt sich kurz ein Schneehuhn das schnell flüchtet, als es uns sieht. Dann geht es durch eine enge Rinne hinauf. Die Gruppe zieht sich auseinander und die Sonne bringt uns ganz schön ins Schwitzen. Es wird immer steiler und der Gipfelhang ist schon recht aufgeweicht. Thomas der Bergführer entscheidet sich, ein kurzes Stück abzufahren und von der südlicheren Seite, die etwas gemässigter ist, aufzusteigen. Dort geht es dann auch problemlos.

Nach kurzer Abfahrt machen wir eine Traverse zum nächsten Pass. Jetzt sehen wir die unsere Spuren, die wir dort gestern legten. Die genussvolle Abfahrt ist zum genau richtigen Zeitpunkt im angetauten Sulzschnee.



Die Kinder essen bereits Eiscreme, denn jetzt ist Frühling 

Im Dorf hat es einen kleinen Skilift wo die Kinder ihren Spass hatten. Jetzt ist es aber Frühjahr und der Skilift steht still. Die Piste hat braune Flecken und die Gedanken der Kinder sind beim Sommer, sind doch die Temperaturen bereits 5 Grad Celsius. Die ersten Eiscreme schleckenden Geniesser habe ich bereits gesehen. Das Bild ruft Erinnerungen an meine Jugendzeit hervor, denn auf meiner Lieblingsglace war ein „Eskimo“ abgebildet!

Der Supermarkt bietet ein grosses Angebot, aber mit Frischwaren hapert es. Das Versorgungsschiff kommt in den Sommermonaten, nur etwa dreimal pro Jahr. Die schiffbare Zeit des Fjords ist kurz.

Dafür gibt es ein ganzes Gestell voll Gewehre. Als Iris ein Foto davon machen will, wird sie von der Filialleiterin zurückgepfiffen. Verboten, denn es könnte schlecht sein für das Image von Grönland. Dahinter steht der Frust der Grönländer betreffend der Robben Jagd. Als in den achtziger Jahren die Kampagnen gegen das Töten von Robbenbabies liefen, wurden mit einem Schlag alle Jäger arbeitslos. Niemand mehr wollte Seehundfelle kaufen, auch wenn sie von ausgewachsenen Tieren stammten.

Ich spreche mit den zwei Schweizern Sonja und Moritz die das Inlandeis überqueren wollten. Bereits nach einer Woche mussten sie wieder an den Ausgangspunkt zurückkehren. Eigentlich haben sie mit Temperaturen um die minus 20 Grad gerechnet. Doch es war über dem Gefrierpunkt und sie stapften durch Wasserpfützen und viel zu weichen Schnee. So war es unmöglich, mit den schweren Schlitten die benötigten Tagesdistanzen zu erreichen. Dazu kam noch, dass Moritz seine Schuhe nicht dicht waren; einmal nass geworden, trockneten sie nie mehr.

“Danger - for Polar Bears - before you leave the town, we recommend heavely to ask our staff”.
Dieser Hinweis steht auf einem Schild in unserer Lodge. Gemeint ist damit, dass Spaziergänger doch aufpassen sollten, denn man könnte einem Eisbär begegnen. Der Englisch Kenner erkennt aber die Feinheit, dass die Gefahr für den Bär besteht! Eigentlich ist der Satz aber schon richtig, wurden doch im letzten Winter sechs Bären erschossen, die zu frech oder zu hungrig waren und wiederholt ins Dorf gekommen waren. 


Lachend und freudestrahlend kommt Stefan aus dem Nachbarzimmer, in der Hand eine Flasche Wodka. Eigentlich wollte er seine Kleider auslüften und hat dann im aufgetauten Schnee vor seinem Fenster, die noch ungeöffnete Flasche Schnaps gefunden. Ein früherer Hotelgast muss sie dort zum Abkühlen in den Schnee gestellt und vergessen haben. So endet unser letzter Abend auf Grönland um einiges feucht fröhlicher als wir eigentlich gedacht hatten.


Wir alle waren nicht auf dieser Reise um unsere körperlichen Grenzen auszuloten, sondern um unseren Horizont zu erweitern. Wir wollten genussvoll eine neue Skitourengegend entdecken. Zugegeben der Aufwand um hierher zu gelangen war beträchtlich. Die schönen und einmaligen Momente die wir jedoch in Grönland erlebt haben, entschädigte uns bei Weitem.



Grönland 
Der Name „Greenland“ grünes Land wurde vom Dänen Eric dem Roten vergeben.
Es ist eine Insel mit Gebirgen an der Küste. Im Verlaufe der Jahrhunderte hat sich eine dicke Eisschicht über dem Land gebildet, die den richtigen Boden bis 800m unter Meereshöhe in die Tiefe gedrückt hat. Das Eis ist bis zu 3500 m dick. Sollte es wegschmelzen würde der Meeresspiegel weltweit um mehrere Meter steigen. Unter der schmelzenden Eisdecke warten Bodenschätze und neue Fischgründe, daher sind Weltfirmen und Industrieländer in aufmerksamer Warteposition, um dort Gewinn zu machen. Politisch gehört Grönland zu Dänemark, ist aber auf dem Weg in die Selbständigkeit.
Die ersten Menschen die das Land zu besiedeln begannen, kamen vor 4000 Jahren von Sibirien. Diese „Inuits“ oder "Ivi“ lebten immer als Jäger und Fischer. 
Eskimo war vor 40 Jahren noch ein normal verwendetes Wort, aber heute ist es politisch nicht mehr korrekt, denn es heisst „Rohfleisch Esser“. Der Grund war einfach, sie hatten nicht immer Feuer um Kochen zu können. 
Heute leben nur ca. 50 000 Menschen auf der grössten Insel der Erde, die meisten davon an der Westküste die klimatisch wärmer ist.


Tipps 

Ausrüstung
Eine Skitourenausrüstung wie in den Schweizer Voralpen. Auch Harscheisen, Lawinensuchgerät und Schaufel. 
Eine Hochtourenausrüstung mit Pickel und Steigeisen ist nicht nötig.
Ein Klettergurt ist nützlich, wenn man sich bei den Hundeschlittenfahrten mit den Skiern nachziehen lassen will.
Eine Daunenjacke schützt bei Schiffsfahrten auf den Fjorden, den Schlittenhundefahrten und wenn der berüchtigte Wind „Pitteraq“ weht.
Ein Schlafsack und eine Matte wenn in Privathäusern übernachtet wird. 

Für die ganze Gruppe gemeinsam.
Grosskalibriges Gewehr zur Notwehr gegen Eisbären.
GPS Navigationsgerät. Satellitentelefon 
Apotheke. 
Rettungsschlitten (falls bei einem Notfall bei Nebel oder Wind kein Helikopter landen könnte).

Reiseinfos und Kartenmaterial
- Wanderrouten in Ostgrönland ISBN 87-985364-2-7 ein kleines Buch und zwei Wanderkarten.
- Grönland Dumont Reiseführer ISBN 978-3-7701-4423-5
- Eine einfache Landkarte Saga Maps (Angmagssalik, Tasiilaq) kann im Flughafen in Kulusuk gekauft werden.

Literatur
- Grönland ein Reisetagebuch. Ellert & Richter Verlag ISBN 978-3-8319-0308-5
- Der Weg in die weisse Welt. Author Arved Fuchs ISBN 3-7688-1849-7
- Arktische Träume. Author Barry Lopez ISBN978-3-596-17702-8
- Der weiße Horizont. Robert Peroni. Hoffmann und Campe, 1984 
- Die magische Grenze. Robert Peroni. Hoffmann und Campe, 1992 

Anreise
Mit dem Flugzeug über Dänemark nach Island mit einer Übernachtung in Reykjavik. Mit einer Propellermaschine von Island direkt nach Kulusuk in Ostgrönland. Dann Helikopter, Schiff, Schlittenhunde oder Tourenskier.